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  • Claudia Koch

Ich und der/die Lech

Heute, Dienstag, 22.6.21 starte ich meine Reise mit meinem Tagesrucksack ins Neue, für mich unbekannte Abenteuer. Zu Fuß eine Woche durch das Lechtal zu wandern.


Mit dem Wanderbus vom Postamt Lech Richtung Formarinsee. Auf 1793 m angekommen lohnt es sich, als erstes den Güterweg zum Formarinsee zu nehmen. Welch ein Naturjuwel, Schneefelder, dieses Panorama, diese Ruhe, diese Atmosphäre, die ich wahrnehme beeindruckt mich sehr.

Zurück am Ausgangspunkt kann mein Fußmarsch durch das Lechquellgebiet beginnen.


Vorbei am Steinbock-Denkmal, entlang des Formarinbachs, der sich mit dem Spullerbach zum jungen Lech vereint, geht´s talabwärts über hölzerne Stege, einer naturbelassenen urigen Pflanzenwelt. Aktuell blüht alles gleichzeitig, von Himmelschlüsseln bis zum Enzian, die reinste Freude steigt in mir auf.

Auf Höhe des Gasthaus Älpele laufe ich am Lech entlang und komme dann vom Weg ab. Es stellt sich mir die erste Herausforderung. Ja, ich nehme die steile Gröllwand hinauf - Rutschgefahr, finde sogleich wieder die Wegmarkierung, auf meinen Weg zurück.


In Lech angekommen falle ich nach 6 Stunden reinem Fußmarsch glücklich, mit müden surrenden Beinen ins Bett.


2. Tag

Heute geht´s über Stubenbach oberhalb der Lechschlucht entlang. In diesem Abschnitt, oberhalb der Schlucht, liegt noch viel Schnee, daran habe ich gar nicht gedacht. Jetzt verstehe ich auch die Lecher, die meinten dieser Wegabschnitt ist für Wanderer noch nicht geöffnet.

Auf dem steilen Wanderweg sind immer wieder kleinere Schneefelder zu überqueren. Dicke Holzstämme, welche stufenförmig angebracht sind, sind aktuell nass und sehr, sehr rutschig. Zugleich geht´s rechts steil hinauf und links steil hinunter, am schmalen Weg entlang.


Es liegt vor mir eine lange, geschlossene, dicke Schneedecke. Die Schneeschmelze sprudelt rechts vom Hang herunter, ein nasses Holzbrett, als Brücke zum Überqueren, dann geht die durchgehend geschlossene dicke Schneedecke weiter. „Wo halte ich mich fest, rechts Wasser und links geht´s den Hang runter, der Weg ist so schmal und erschwerend hinzu kommt noch die Schneedecke. Ich habe keinen Halt und bin allein. Wie komme ich weiter?“

Den Mutigen gehört die Welt. Ich überquere langsam, aber sicher mit mulmigem Bauchgefühl, dieses für mich sehr fordernde Teilstück. Daraufhin gebe ich mir, auf einer Sonnenbank eine Pause und lasse die Szene, mit Freude im Herzen, Revue passieren.


Auf geht´s durch das Grenztobel. Anschließend folgt ein stetig ansteigender, magischer grüner Waldabschnitt mit traumhafter Flora und Eichhörnchen, die mich begrüßen. Ein weiteres Mal hinunter zum naturbelassenen Seebachsee von Warth nach Gehren.



3. Tag

In Gehren, bereits auf Tiroler Boden wandere ich über Lechleiten, den naturbelassenen eindrücklichen Panoramaweg über das Taltobel vorbei an herrlichen Wiesen und Waldabschnitten in steiler Höhe, ca. 1500 m. Begleitet von Schmetterlingen, mit ihren prachtvoll gezeichneten Flügeln.


Jetzt folgen Serpentinen, die alte Bundesstraße vorbei an einer großen Wildfütterungsstelle, hinunter zum kraftvoll fließendem Lech im magischen Türkis bis nach Steeg.




4. Tag

Beim Wasserfall in Hägerau, direkt bei der Wassertrete entdecke ich einige wild wachsende gelbe Frauenschuhe. Am Weg entlang nach Holzgau finde ich geflecktes Knabenkraut, Huflattich, Meisterwurz, Königskerze, knallrote Walderdbeeren etc., welch ein Genuss.

Welch ein herrlicher Anblick!


Da die heutige Wegstrecke gemütlich war, steige ich nach dem Einchecken, Essen und Ruhen die Höhenbachschlucht hinauf. Oben angekommen überquere ich in schwindelerregender Höhe die Hängebrücke, 200 m lang und 110 m hoch. Eine geniale Aussicht wird mir hier geboten.

Zu diesem Zeitpunkt hat eine Lawine den Wanderweg zum Simmswasserfall versperrt, deshalb ist heute Abend Wellness angesagt.


5. Tag

Ich habe riesiges Wetterglück, Tag für Tag scheint die Sonne immer kräftiger. Heute marschiere ich zur Jöchlspitzbahn. Dieser Wegabschnitt ist besonders anspruchsvoll, da es drei Mal übermäßig steil hinauf und steil hinunter geht und ich gleichzeitig der Mittagshitze ausgesetzt bin.


Ausruhen in der Gondelbahn, aussteigen und ein tolles Panorama auf der Jöchlispitze genießen. In der Talstation kehre ich ein und stärke mich mit einer guten hausgemachten Suppe.


Über den kleinen Ort Bach geht´s zu meinem Tagesziel, Elbigenalp.



6. Tag

Vom Ortszentrum geht´s wieder zurück zum Fluss, dem herrlich glasklaren Wasser entlang. Den wild tosenden Doser Wasserfall begrüßend, durchsteife ich wunderbare offene, grüne Waldabschnitte. Hinauf zum Burgweg, vorbei an vielen kleinen Wasserfällen durchquere ich herrlich satte grüne Waldwege.


Hinunter über den Lech und die Klimmbrücke, direkt ins Dorf Elmen.


7. Tag

Zurück zum Ortsteil Klimm, wieder hinauf zum Lechweg, dem Klimmer Panoramaweg entlang. Von hier aus habe ich einen wunderbaren Panoramablick auf Vorderhornbach, sogar der Lechzopf ist erkennbar, da das Tal immer offener und breiter wird.


Einen Steig hinunter Richtung Frauenschuhgebiet, der berühmten Martinauer Au. Ich verlasse den Lechweg und nach einigen hundert Metern leuchtet vor mir ein Wiesenmeer bedeckt mit Frauenschuhen, die ihre Blütenköpfe in die Sonne strecken.

Entlang eines Feldweges nasche ich immer wieder von herrlich schimmernden, purpurroten Wiesenerdbeeren. Es geht über die Lechbrücke am Ufer entlang nach Stanzach. Ich bin ausgesprochen durstig und hungrig, deshalb verlasse ich den Weg und gehe in den Ortskern.

Wie gut meine Entscheidung war, stellt sich auf meinem weiteren Fußmarsch, entlang des Lechzopfes über die Schotterbänke durch die Wildflusslandschaft, heraus.


Aufgrund der extremen Sonneneinstrahlung empfinde ich diesen Wegabschnitt als Steppenklima in einem Tundra Gebiet. Dieser Teil ist aufgrund des heißen Wetters eine Herausforderung für meinen Körper.

Endlich Schatten vor der Forchacher Hängebrücke, ein paar Bäume. Erst einmal Pause, Schuhe ausziehen und erholen.


Obwohl der Weg nicht über die Brücke führt, lohnt sich eine Begehung. In der Mitte angekommen beeindruckt mich die Wildheit und Breite des Flusses, der unterhalb des Formarinsee´s, als kleines Bächlein begonnen hat.


Die Sonne brühtet gnadenlos auf die Schotterbänke herunter. Umso größer ist meine Freude, als ich ziemlich ausgedörrt und müde bei dem Juwel von Baggersee vor Weißenbach ankomme. Hier genieße ich ein langes, kühles, erfrischendes und belebendes Bad sowie ein kleines Nickerchen.



Wieder erholt gehe ich über offene Wiesen und Weiden weiter bis nach Weißenbach. Es ist ein ökologisch ganz besonders Gebiet, das vielen Vogelarten und Schafen einen idealen Lebensraum bietet und so zum Erhalt der biologischen Artenvielfalt beiträgt.


8. Tag

Von Weißenbach führt mich der Lechweg zurück zum Fluss, der Riedener Au entlang ins Zentrum von Rieden mit wunderbaren alten Tiroler Häusern. Vor Höfen habe ich noch einmal, für mich eine ziemlich heiße Tundra Zone zu durchqueren aufgrund der aktuellen heißen Tagestemperatur. In Platten besichtigte ich eine kleine Kapelle mit brillanter Glasmalerei. Anschließend schlendere ich durch´s Dorf, komme vom Weg ab, gehe wiederholt zum letzten Wegzeichen zurück und weiter bis nach Wängle.


Es wird immer bewölkter, ich hoffe das Wetter hält da mein heutiges Ziel, noch im Frauensee zu baden ist.


Vom Höhenpanoramaweg habe ich eine prima Aussicht. Noch einmal sehr steil hinauf zur Costarieskapelle, auf 1155 m Höhe. Mich empfängt ein eindrucksvoller Blick auf den Talkessel von Reutte, der anspruchsvolle Anstieg lohnt sich definitiv.

Runter geht´s durch Wald Richtung Frauensee, mein Ziel vor Augen. Obwohl die Temperaturen sehr zurückgegangen sind, dunkle Wolken aufgezogen sind und es nach Regen aussieht, wage ich mich in das Naturjuwel Frauensee hinein.

Über Hinterbichl, zur Pflacher Au mit ihrer Vogelvielfalt, verlasse ich, nachdem ich die Fußgängerbrücke überquert habe, den Lechweg und marschiere direkt zu meinem

Reiseziel, Reutte.



Empfehlung

Ich habe die gesamte Wegstrecke ohne Fuß Blasen, Krämpfe oder Entzündungen erlebt. Mein Geheimnis, ich habe mindestens einmal pro Tag meine Wanderschuhe ausgezogen und in einem Wald-, Wiesenbach bzw. der Lech gekneipt. Am Abend vor dem Schlafen meine wunderbaren Füße eingekremt und herrlich geschlafen.



Fazit

Es war für mich ein wunderbares, außergewöhnliches, beeindruckendes und sehr nachhaltiges Naturerlebnis. Ich nahm die Natur intensiv wahr, sah und hörte viel Flora und Fauna, welch ein Segen. Überall aus den Bergen sprudelte die Schneeschmelze, die Wald- und Wiesenbäche waren voll mit Wasser. Ich kann die Wanderung jeder Frau und jedem Mann empfehlen. Raus aus dem Alltagstrott, weg von sozialen Medien, einfach du und die Natur. Es machte meinen Geist und meine Seele frei. Diese Zeit beflügelte mich und öffnete meinen Horizont aufs Neue.

Ich bin sehr gerne in der Natur, habe bisher immer nur 2-4-stündige Tageswanderungen unternommen. Dann hat mir Markus Schmid von diesem Lechweg erzählt und ich habe mich spontan dazu entschieden, innerhalb weniger Tage alles organisiert und los gings. Ein herzliches Dankeschön an dich, lieber Markus, es war ein besonderes Herzensgeschenk an mich.

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